Sie sind gut integriert, sie sind beliebt, sie haben Potenzial – aber sie haben keine Papiere: Die Fälle von Emmanuel Gnagne und Olivier Cayo geben dem Asylverfahren ein Gesicht und zeigen das Hauptproblem.
Kaum ist der Fall von Olivier Cayo aus den Medien verschwunden, sorgt ein neuer Fall für Emotionen: Der 18-jährige Emmanuel Gnagne soll nach über vier Jahren in der Schweiz ausgeschafft werden. Wie Cayo hat auch Gnagne, sich allen Widrigkeiten als Sans-Papiers in der Schweiz zum Trotz integriert und glänzt mit hervorragenden Leistungen in der Schule. Obwohl er erst mit 13 Jahren in die Schweiz kam, hat er sich von der Real- über die Sekundarschule ins Gymi gearbeitet.
Den beiden jungen Männern hat man eine Chance gegeben in der Schweiz und beide haben sie vorbildlich genutzt: Ausdauernd und mit grossen Schritten streben sie einer glänzenden Zukunft entgegen und genau jetzt sollen sie das Land verlassen. Nach fast fünf Jahren müssten beide zurück in die Elfenbeinküste. Ein Land, in dem sie nichts haben und niemanden mehr wirklich kennen. Kein Wunder gehen dabei die Emotionen hoch und stellen sich viele Leute die Frage, warum müssen solche vorbildlichen Leute gehen, während kriminelle Ausländer illegal im Land bleiben.
Giezendanner: «Das ist unmenschlich»
Selbst SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner findet die Ausschaffung solcher Vorbilder einen Skandal: «Es kann nicht sein, dass wir vier Jahre lang jemandem das Leben hier schmackhaft machen, ihm eine Chance geben und ihn dann ausschaffen wollen – das ist unmenschlich.» Für ihn liegt das Problem deshalb ganz klar in der Dauer des Aufenthaltes: «Die Entscheide müssen viel schneller erfolgen, dann würde es auch weniger solche Härtefälle geben», ist der Aargauer überzeugt. Bei Emmanuel Gnagne und Olivier Cayo ist aber genau das nicht passiert.
Man hat zwei jungen Menschen eine Chance gegeben und sie haben sie genutzt. Trotzdem will man sie nun ausschaffen, was selbstverständlich Freunde und Bekannte nicht einfach hinnehmen wollen. Mit Glück sind die beiden Ivorer deshalb der sofortigen Ausschaffung entkommen: Ihre Freunde und Bekannten in der Schweiz haben sich mit der Situation nicht abgefunden, suchten die Öffentlichkeit. Über Facebook, Online-Petitionen und Kettenmails an die Redaktionen formten sie eine Front für ihre Freunde, bis die Medien die Fälle publik machten.
Fall Comagic macht Hoffnung
«Der Gang an die Medien ist oft die letzte Chance», sagt Bea Schwager von der Sans-Papiers Beratungsstelle in Zürich. Normalerweise landeten Härtefallgesuche als lebloses Stück Papier auf den Tischen der Migrationsämter, doch durch die Medienberichte erhielten die Anträge ein Gesicht. «Dass das durchaus etwas bringen kann, hat der Fall der Comagic-Zwilling in Zürich gezeigt», sagt Schwager. Die beiden Schwestern hätten ausgeschafft werden sollen, obwohl sie noch nie ihn der Heimat ihrer Eltern waren. Sie konnten nicht einmal die Sprache. Aber eine gross angelegten Medienkampagne von Schule, Freunden, Bekannten und Prominenten hatte Erfolg: Die Zwillingsschwestern konnten im Sommer in die Lehre und in eine Zukunft in der Schweiz starten.
Für Emmanuel Gnagne und Olivier Cayo ist dies noch Wunschdenken: Sie dürfen zwar dank der hängigen Härtefallgesuche in der Schweiz bleiben, der Ausgang aber bleibt letztlich vollkommen offen. Trotz der positiven Comagic-Beispiels sind erfolgreiche Härtefallgesuche immer noch selten. Weshalb Schwager auch von einem voreiligen Gang an die Medien warnt. Die Öffentlichkeit hinter sich zu haben, sei zwar gut, es empfehle sich aber nicht in jedem Fall. Dennoch haben die Geschichten von Emmanuel Gnagne und Olivier Cayo einen positive Wirkung, wie sie sagt. Einerseits ändere es das Image der Sans-Papiers, anderseits zeige es vor allem auch, dass «hinter den Asylzahlen und Anträgen Menschen und menschliche Schicksale stehen».
S: 20min.ch